Mit den Patriot-Redakteuren Marcel Mund und Birte Schönhense (v.r.) stellten sich die Rüthener vor einem sogenannten Greenscreen den Kameras.


Kommunalwahl Rüthener Fraktionschefs diskutieren über Bergstadt-Zukunft

Von Birte Schönhense und Marcel Mund

RÜTHEN - Vier Parteien stehen in Rüthen zur Wahl. Sie alle möchten mittels möglichst zahlreicher Stimmen erneut in den Stadtrat einziehen. Ihre Fraktionsvorsitzenden als Vertreter waren jetzt zu Gast im Patriot- Wahlforum: Antonius Krane (CDU), Johannes Erling (SPD), Annette Herbst-Köller (BG) und Wolfgang Henze (FDP) diskutierten vor laufenden Kameras über Rüthens Zukunft.

Steuererhöhungen

Im städtischen Haushalt 2022 sind deftige Steuererhöhungen eingeplant – anders ließe sich nach jetzigem Stand der dann nötige Haushaltsausgleich nicht schaffen. Die BG-Vertreterin weist darauf hin, dass – Stichwort Kreisumlage – ein Großteil des Haushaltes fremdbestimmt sei und bekräftigte, die einzige Möglichkeit werde wohl eine Abgabenerhöhung sein. Anderer Meinung ist die SPD, die forderte, die Ausgaben zu senken. Die FDP hat drei Lösungsvorschläge: ein Aktionsplan gegen die steigende Kreisumlage, das Bemühen um mehr Fördergelder und ein Konzept mit Sparmaßnahmen. Ein Antrag zu Letzterem war bereits 2019 mit Stimmen der BG und CDU abgelehnt worden. Dieses Votum bezog sich nur auf die Schaffung eines weiteren Arbeitskreises, betont Antonius Krane (CDU) nun. Das Thema, so die damalige CDU-Meinung, sei besser im Haupt- und Finanzausschuss aufgehoben. Krane indes hält Rüthens finanzielle Lage für recht stabil und plädiert dafür, abzuwarten, wie sich Corona auswirkt. Und Sparpläne? Krane: „Wir werden, wenn es so kommt, gucken müssen, welche Sachen notwendig sind und welche Sachen wirklich nicht notwendig sind.“ Dennoch sei Rüthen in den Sparmöglichkeiten begrenzt; beim größten Teil handele es sich um Pflichtausgaben. Herbst-Köller erinnerte an Vorschläge der BG, Einnahmen zu generieren, doch im Hinblick auf die begrenzten Möglichkeiten nannte sie Steuererhöhungen eine „logische Konsequenz“.

Windkraft im Wald

Eines der bestimmenden politischen Themen ist die Frage nach Windrädern im Wald. Der Vorschlag stammt von der SPD. Fraktionschef Johannes Erling glaubt nicht, dass durch Windkraft auf abgestorbenen Waldflächen die Umgebung verschandelt wird. „Ökonomie und Ökologie sollen im Einklang bleiben“, sagt er. „Der ganze Wald ist dann nicht damit zugepflastert, sondern da gibt es dann bestimmte Flächen für.“ Zugleich verspricht er: „Wir wollen unter die Windräder wieder Bäume pflanzen. Der Wald muss wieder voll Bäume werden.“ Annette Herbst-Köller findet derweil „den Sinneswandel“ der übrigen Parteien bei diesem Thema bemerkenswert. „Aber wir hätten da schon weiter sein können“, sagt sie. Dennoch glaubt auch sie nicht, dass man mithilfe der Windräder den Millionenverlust durch das Waldsterben wird kompensieren können – weshalb Steuererhöhungen unumgänglich seien. Henze sagt zu dem Thema: „Wenn es das Waldsterben nicht gegeben hätte, hätten wir uns ganz bestimmt nicht für Windräder im Wald ausgesprochen.“ Krane warnt hingegen, man müsse äußerst vorsichtig sein: „Wir haben extra ein Windkonzept, was uns sehr dabei hilft, die Windräder, die bei uns gebaut werden, zu kontrollieren, damit wir keinen Wildwuchs haben.“ Mit überstürzten Windrädern im Wald könne Rüthen sich auch ein Eigentor schießen.

Fachmarktzentrum

Kindergarten-Neubau, Neubaugebiet im Norden und sogar ein neues Modegeschäft in der Hachtorstraße: Rüthen scheint aufzublühen, so der Eindruck unserer Redaktion. Dennoch tun sich auch in unserem Wahlforum SPD und BG schwer mit einem Ja zum geplanten Fachmarktzentrum an der Lippstädter Straße. Die SPD begründet: „Wir stimmen immer mit Enthaltung, wenn wir in politischen Entscheidungsprozessen sind.“ Johannes Erling gibt jedoch Stimmen zu bedenken, denen vier Lebensmittelmärkte in Rüthen zu viel seien, und spricht sich dafür aus, dass ein Drogeriemarkt der Mittelpunkt eines neuen Fachmarktzentrums sein solle. Herbst-Köller (BG) schließt sich der Enthaltung an: „Eine Antwort können wir jetzt noch nicht geben.“ Auch sie sieht gleichwohl Rüthen derzeit in einer positiven Entwicklung. Antonius Krane (CDU) stellt für seine Fraktion klar: „Wenn wirklich ein Investor ein vernünftiges Konzept bringt, stehen wir dahinter.“ Wolfgang Henze (FDP) ist sich sicher, dass ein Einkaufszentrum den Rüthener Handel beleben wird.

Leserfragen

  • Willi Bokern fragt: „Die BG schreibt sich den Klimaschutz auf die Fahnen. Sind diese ganzen bunt bedruckten Flyer, Plakate und besonders die überall zu sehenden großen Kunststoffplanen da nicht total kontraproduktiv?“

Annette Herbst-Köller dazu: „Es ist kein Müll, der da produziert wird, sondern wir sind ganz stark im Recycling und wir werden die Dinge auch wiederverwenden.“

  • Ferdi Ohrmann fragt: Sind konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs in der Innenstadt Rüthen zu erwarten?

Die BG erinnert, Gefahrenpunkte in der Innenstadt aufgelistet zu haben. Laut Ratsbeschluss sollen sie sukzessive beseitigt werden. Jedoch: „Die Umsetzung dauert wirklich recht lange.“ Erling erklärt, dass Maßnahmen in Händen verschiedener Straßenbauträger liegen, was sie schwer zu realisieren mache. Über das Thema Sicherheit hinaus hat Wolfgang Henze „erhebliches Potenzial“ für Rüthen im Bereich Mountainbiking ausgemacht. Und für Antonius Krane sind überörtliche Radwegeverbindungen ebenfalls ein wichtiger Aspekt: Momentan werde der Radweg von Oestereiden zum Verbindungsstück an der Autobahn angestoßen. Grundstücksfragen seien schon geklärt.

  • Hans-Josef Wessel kritisiert, dass sich die Parteien in den Sitzungen in einem „Wust von Kleinigkeiten bewegen“. Er fragt nach gemeinsamen Leitzielen.

Für Wolfgang Henze ist Rüthen in einem Jahrzehnt eine finanziell unabhängige Stadt mit einer starken Bildungsstruktur und entsprechendem Bauland. Außerdem müsse Rüthen den Klimaschutz stemmen, Bürger für das Ehrenamt motivieren und das Kulturleben „pushen“. Ähnlich sehen es die übrigen Vertreter. Den Klimawandel bewältigen, die Innenstadt wiederbeleben und die Ortschaften stärken, stellt sich Annette Herbst-Köller vor. Auch Krane plädiert dafür, dass Rüthen seinen Teil zum Klimaschutz beiträgt. Aus Sicht von Erling hat Rüthen Zukunft dank guter Bildung und dem allgemeinen Gesamtpaket. Erling ist derweil der einzige, der Bezug auf Wessels Kritik nimmt: Es gebe ein überhöhtes Anfragepotenzial in den Ratssitzungen. „Es gibt Fraktionen, die immer das Gleiche fragen.“

  • Stefanie Cramer fragt: Wie möchten Sie die Wohnattraktivität Rüthens steigern – vor allem im Hinblick auf Kulturelles, Einkaufen und Kinderfreundlichkeit?

Die CDU spricht sich zur Förderung der Kultur aus, in der neuen Stadthalle sei vieles möglich. Für möglich hält die FDP auch weitere kulturelle Angebote abseits klassischer Konzerte. Doch die Innenstadt mit Geschäften zu beleben, sei schwierig – das erklären auch die anderen Parteien. Johannes Erling erinnert: „Wir sind ‘ne Klein-stadt.“ Dennoch betonten die Parteien, dass Rüthen schon vieles biete – auch für Kinder.

Rüthen in zehn Jahren

Ihre Vision von Rüthen 2030 – die haben die Fraktionsvorsitzenden im Patriot-Wahlforum gezeichnet. Was wäre, wenn sie im Rathaus das Sagen hätten? Einzusehen sind die Zeichnungen online.

Antonius Krane nennt ausgewogene Lebensverhältnisse für alle Bürger als wichtigstes Ziel der Christdemokraten. Nicht nur in der Kernstadt, auch in allen Ortsteilen – diese zeichnet er als kleine Sonnen.

Johannes Erling zeichnet einen aufgeforsteten Wald samt Windrädern, Solaranlagen auf Dächern, gut erhaltene Sport- und Freizeitmöglichkeiten, gute Infrastruktur für Autos und Räder und begrünte Neubaugebiete.

Annette Herbst-Köller zeichnet Menschen mit Kindern, mit Behinderung und Ältere, die alle in Rüthen gut leben können. Die BG wünscht sich eine Veränderung in der Mobilität hin zum Rad, möglicherweise auch zur grünen Wasserstofftechnik. Alle Arten von erneuerbaren Energien sollen in Rüthen erzeugt werden, der Wald zudem aufgeforstet.

Wolfgang Henze wünscht sich gute klimatische Verhältnisse, zeichnet Wald und Windräder neben einem Fahrrad. Ein „Gold-Esel“ deutet die finanzielle Unabhängigkeit Rüthens an. Die Kultur soll belebt, der Bildungsstandort genau wie der Wohnraum ausgebaut werden. Karnevalist und Schützenbruder stehen für ein starkes Ehrenamt.


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